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Montag, 12. März 2012

Sensation: Bürgerhaushalt 2013 geht weiter. Ein Politik-Krimi im Rathaus!

Eine kleine Sensation: der Bürgerhaushalt ist nicht gekippt!!
Hier ein erster, kurzer und schneller Bericht aus dem Hauptausschuss:
Es war eine echter Politik-Krimi heute im Hauptausschuss. Eigentlich standen die Zeichen auf Abschuss. Aber es kam anders: Ein Sieg der Demokratie. Ein politischer Erfolg einer Zufallsfraktionierung aus SPD, Grüne und Linke. Die Grünen hatten für diese Entscheidung ihre Plattform mit der CDU und UWG verlassen, die bürgerliche Mehrheit hat durch Enthaltung auf ihre Mehrheit verzichtet.

Es begann unter Tagespunkt 9:
Zunächst dümpelte die Diskussion hin und her. Man hatte den Eindruck als hätte keiner wirklich eine Meinung. Eine Vertagung lag in der Luft. 

Die CDU: "Die Verwaltung hat es nicht geschafft, einen Vorschlag zu machen, dann muss jetzt die Politik wieder sagen, wie es laufen soll." Man könne sich mit der Variante 3 anfreunden: e-mails schicken mit Vorschlägen, die auf der Homepage der Stadt veröffentlich werden. (Das ist kein Bürgerhaushalt.)
Die UWG konnte sich dem anschließen, aber eigentlich könne man sich jeder Zeit auch an den Stammtisch der Fraktion wenden, wenn man als Bürger einen Vorschlag habe.

Die SPD sah den Bürgerhaushalt differenzierter: zahlenmäßig enttäuschend, aber ein Instrument, das auf lange Sicht angelegt sei, bis es etabliert sei und Wirkung zeigen kann. Immerhin haben die Einnahmen die Ausgaben überflügelt. Möglicherweise gebe es Gründe für die geringe Beteiligung: etwa der Wegfall der Anonymität.
Die Linke hatte noch einen eigenen Antrag eingebracht, die Plattform das ganze Jahr über für Vorschläge offen zu lassen.
Die Grünen hatten sich ganz besonders stark gemacht für das Festhalten am Bürgerhaushalt. Favorit war Vorschlag 1. Man können in Zukunft nicht am Internet vorbei: Das Internet als Medium politischer Willensbildung sei im Kommen, auch wenn sich das in Gütersloh in den letzten zwei Jahren noch nicht ganz eingestellt habe. Er verweist auf den in Gütersloh verliehenen Reinhard-Mohn-Preis für einen gelungenen Bürgerhaushalt in Recife (Brasilien) und die Stadt, in der der Preis vergeben werde, kriege das nicht hin...
Die FPD war komplett dagegen: "Leute, so nicht." Vorschläge gehören in die politischen Parteien. Man könne ja für die nächste Wahl eine eigene Partei gründen, wenn sieben Fraktionen im Rat noch nicht reichen sollten.... Jeder, der was auf dem Herzen hat, kann eine Mail an die Politik oder die Bürgermeisterin schreiben.

Die Diskussion rankte sich vor allem immer wieder um mögliche Kosten, die keinesfalls entstehen dürften. (Demokratie darf nichts kosten.)

Wie gesagt, Vertagung lag in der Luft, so der erste Impuls der BfGT.
Elektrisierend wurde es dann aber schlagartig:

Kämmerin Christine Lang drängte auf eine Entscheidung. Man wisse auch in ein paar Monaten nicht mehr als jetzt: wer sich nah an dem vorliegenden Format halte, sei auf der sicheren Seite, was die Kosten angehe. Jede Neuerung bringe auch Kosten für Veränderung mit. Und: Auf Intervention des Datenschutzbeauftragten NRW sei ganz klar: es wird auf jeden Fall eine komplette Anonymität in dem Verfahren geben müssen. Dies besagt der § 13, Absatz 6 des Telemediengesetzes. Kein Rütteln also an dem System. Anonymität ist gesetzlich garantiert. 

Dann die CDU, ja, sie wollten sich der Entscheidung heute stellen und eine Entscheidung finden.

Dann beantragte Mantovanelli (Grüne) eine Sitzungsunterbrechung von fünf Minuten. Begründung: Beratungsbedarf. Dem wurde entsprochen.

Bewegung war angesagt:
Die Fraktion CDU stand mit dem Koalitionspartner Grüne und UWG zusammen. Auf der einen Seite. Auf der anderen Seite formierten sich die SPD und die BfGT. Dann Bewegung. Zur großen Fraktionsseite kam die Kämmerin hinzu. Dann noch der Vertreter der BfGT. Dann verschwand die CDU-Fraktion komplett. Heiße Diskussion. Es sah nach Abstand von der bisherigen Zusammenarbeit in der Plattform aus, also Ausscheren der Grünen. Es sah nach bürgerlichem Lager aus, das seine Klientel verliert. Es sah nach neuer Mehrheit aus, einen Augenblick jedenfalls.

Die Beratungspause dauerte jetzt schon 11 Minuten. Die Bürgermeisterin wartete. Wie die Menschen auf der gut gefüllten Zuschauertribüne auch. Dann lief die Bürgermeisterin raus und erkundigte sich nach der CDU-Fraktion. Sie kam zurück. Allein. Setzte sich wieder. Fragte scherzhaft: Sollen wir jetzt abstimmen? (Die CDU war komplett absent.)
Dann kam die Fraktion wieder ins Blickfeld. Alle setzten sich. Die Abstimmung folgte. Der Antrag der Linken wurde abgelehnt. 

Es folgte die Abstimmung in der Reihenfolge der Verwaltungsvorschläge. In Vorschlag 1 heißt es:
"Bürgerhaushalt wie in 2012 mit dem 2 Phasen-Modell
Vorschläge können in der Zeit vom 25.8.2012 bis 16.9.2012 unterbreitet werden. Die Abstimmphase würde vom 20.10.2012 bis 11.11.2012 dauern. Gewisse Modifizierungen der Termine sind grundsätzlich denkbar. Zwischen der Vorschlagsphase und der Abstimmphase ist jedoch kein Sitzungstermin anberaumt, in dem über die zur Abstimmung zu stellenden Vorschläge eine politische Entscheidung herbeigeführt werden kann. Über die Abstimmungsergebnisse kann in der Sitzung des Finanzausschusses am 20.11.2012 informiert und entschieden werden. Rechtzeitig für die Fraktionsklausuren und die Beratung der Fachausschüsse liegen die Abstimmungsergebnisse vor."

So bleibt der Bürgerhaushalt 2013 mit dem 2-Phasen-Modell erhalten. Inklusive Anonymität. Der Vorschlag kam durch: Weil die CDU sich enthalten hatte und so den Weg frei gemacht hat. Weil die BfGT sich enthalten hat. Die FDP hatte dagegen gestimmt. So hatten die SPD, Grüne und die Linke eine politische Mehrheit. So ist also der Bürgerhaushalt 2013 erstmal übern Berg gerettet.

Ein dünner Sieg. Ein Sieg auf Kredit. Aber das Instrument ist im letzten Augenblick, um Haaresbreite als ein Bürgerbeteiligungsinstrument in der Stadt erhalten. Es hat eine Chance. Eine für alle.

Wenn auch im Fokus der Politik die Kosten standen. Das Misslingen. Wenn auch die eigentlich spannende Diskussion zwar teilweise vor den Augen der Zuschauer stattfand - allerdings nicht hörbar. Für eine politische Diskussion jammerschade, denn das hätte das Salz in der Suppe bedeutet, dass man dem politischen Streit um die Sache hätte beiwohnen können. Aber sei es drum. Es ist ein guter Tag für Gütersloh, dass im Prinzip doch fast alle einig waren, die Reißleine gezogen haben - und lernen wollen, mit dem Instrument Bürgerhaushalt umzugehen.

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