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Dienstag, 7. Dezember 2010

Bürgerhaushalt: Stadtverwaltung beste Aktivisten

Gestern fand die erste und einzige öffentliche Vorstellung zum Bürgerhaushalt 2011 statt. In der Kuppel der VHS - einem altehrwürdigen Gebäude, in dem viele Gütersloher noch als Schüler geschwitzt haben. Alte Mauern also, um eine moderene und dialogorientierte Beteiligungsform für Bürger im Zeitalter des Web 2.0 vorzustellen. Die Stadt geht mit der Zeit.

Im Raum fand sich nur wenig Publikum von "Angesicht zu Angesicht" ein; die Mehrzahl kannte sich. (Ein deutliches Indiz dafür, dass altbackene Formate wohl aus der Mode kommen?!)
Das tat aber der Sache keinen Abbruch: Im Netz, also dem realen Ort der Beteiligung, ist schon viel Bewegung: Rund 800 haben sich aktiv als "User" also Nutzer eingelockt. Über 6.100 mal wurde die Seite besucht, Seitenabrufe sogar 155.000 und ein paar gezählt. 175 Sparvorschläge liegen vor. Bemerkenswert ist die hohe Zustimmung zu den bereits von der Verwaltung eingestellten 20 Sparvorschlägen. Die geseztzte Zielsumme von rd. 2,4 Millionen ist zwar noch nicht erreicht, die votierende Bürgerschaft aber lässt erkennen, wie bewusst sie votet. Für Gütersloh ein beachtliches Ergebnis.

Das Kollektivbewusstsein der Nutzer für "Mögliches und Machbares" ist erstaunlich, böse Kommentare liegen nur zwei vor, diese sind als solche von der Moderation gekennzeichnet, der Rest ist konstruktiv und keine Abrechnung mit der Stadt oder der Politik, wie befürchtet wurde. Für solche Nebenkriegsschauplätze lassen sich die BürgerInnen nicht einspannen. Wunderbar. So soll es sein.

Das Online-Verfahren läuft noch bis zum 15. Dezember. Dann bleibt die Plattform noch eine weitere Woche bis zum 22.12.2010 geöffnet, damit die einzelnen Vorschläge mit einem Voting in eine Reihenfolge gebracht werden können. Über die soll später abgestimmt werden.

Klar gab es auch kritische Stimmen während der Veranstaltung. Die muss es auch geben, etwa: Warum überhaupt so viel Geld für den Bürgerhaushalt ausgegeben wird. (70.000 Euro). "Weil uns die hohe Beteiligung aus der Bürgerschaft und auch die Legitimation durch ein Bürgervoting wichtig sind", erklärte Bürgermeisterin Maria Unger. Das ist auch der Dreh- und Angelpunkt. Am Zenit der alten Beteiligungsverfahren ist die Stadt gut beraten, neue Formate anzubieten. Die müssen nicht gleich einschlagen wie ein Gassenhauer, sie führen aber auf lange Sicht zu mehr Transparenz, Vertrauen und Gemeinwohlorientierung in einer Kommune. Auf lange Sicht wird das zum Standortvorteil für eine Stadt. Das positive Echo dieser modernen Beteiligung zieht sich schon jetzt durch die Region, denn die Frage der leeren Kassen, Haushaltskonsolidierungen und Sparvolumina ist ein Thema in ganz Deutschland. In NRW haben nur ganze 8 Kommunen einen ausgeglichenen Haushalt. Die anderen Gebietskörperschaften laborieren am Abgrund. Da ist es Zeit für neue Wege: Einerseits für mehr Bürgerbeteiligung - und andererseits für eine Methabetrachtung der Finanzierung der Kommunen an sich. Auch hierfür bietet der Bürgerhaushalt Raum für Anregungen.

"Wir würden gerne noch mehr Beteiligung sehen, auch mehr Votings, also Abstimmungen über die jeweiligen Vorschläge mit Pro und Contra", wünschte sich die Kämmerin Christine Lang. Dem steht nichts im Wege. Jetzt ist es an den Bürgern, sich einzuklinken. Der Weg ist bereitet. Es muss nicht so bleiben, dass die besten Aktivisten in den Reihen der Stadtverwaltung zu finden sind: Maria Unger, Norbert Monscheidt und Christine Lang.

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