Montag, 20. Dezember 2010

Beschenken Sie Ihre Liebsten... meine sind aus Stahl

Weihnachten steht vor der Tür. Wie jedes Jahr zur gleichen Zeit. Seit Tagen überfluten mich die Botschaften wie „beschenken Sie Ihren Lieben“, oder „das Beste für die, die Ihnen am nächsten sind“. Klar folge ich der Aufforderung. Jeder schreibt ja in diesen Tagen so seine Listen mit den Notizen: Wer bekommt was zum Fest? Allerdings bin ich da ein weihnachtspolitischer Blindgänger. Ich würde es lieber halten wie weiland der Vogel Strauß: Kopf in den Sand und das Spektakel findet ohne mich statt.


Aber das geht natürlich nicht. Ich möchte ganz gewiss auch meine Lieben nicht unbeschenkt lassen. Name für Name mit passender Weihnachtsgabe verewigt sich also auf meinem Zettel.
In Gedanken streife ich alle, die ich bedenken möchte. Und bleibe plötzlich an zwei hängen, die mir ganz besonders „lieb“ sind. Beide tragen den gleichen Vornamen: Miele. Die eine Miele – Waschmaschine, der andere Miele – Geschirrspüler. Beides Gefährten, die mich das ganze Jahr über sehr treu und zuverlässig begleitet haben. Sie sind die lebenden Beweise für so manche Programme zur Vereinbarung von Familie und Beruf. Durch sie erhalte ich mehr realen Freiraum als durch das Grundgesetz. In meiner Hitliste der Freiheitsspender stehen sie direkt hinter dem Wahlrecht für Frauen.


Sein wir doch mal ehrlich: Könnte ich ohne diese beiden stahlbehausten Freunde überhaupt politisch so aktiv sein oder Bürgerbeteiligung fordern und praktizieren? Wohl kaum. Ich stelle mir vor, wie viel Zeit ich damit verbringen müsste, um allein die Wäsche meiner Familie wöchentlich in Schuss zu halten, die Sportsachen. Hilfe... Oder aber der tägliche Abwasch: Beginnend mit einem ausgewogenen Frühstück, mit einem biologisch einwandfreien Mittagessen mit Produkten aus der Region. Die tausend Gabeln, Tassen, Teller. Nein. So manches Mal habe ich unterjährig schon meinen Miele-Freunden, der Spülmaschine und der Waschmaschine gehuldigt, betend die Hände gefaltet und danke gesagt. Danke dafür, dass ich mich jetzt an den Schreibtisch setzen kann, um etwa einen Blog zu schreiben, während die Aluminumdrehscheibe innerhalb des Gehäuses mein Geschirr und die Töpfe reinigt und auch noch abtrocknet oder aber die Edelstahltrommel in der Waschmaschine den Dreck vom Sportplatz entfernt.


Gleiches müssten doch zigtausend andere Haushaltsbeauftragte ähnlich empfinden wie ich. Man stelle sich einmal vor, wie mau es etwa um die politische Aktivierung bestellt wäre, wenn wir diese Arbeiten manuell leisten müssten. Kein Stuttgart 21 wäre da realisiert worden, der Bahnhof längst unterirdisch, kein Bürgerhaushalt in Gütersloh und kaum die Möglichkeit, bei Wikileaks Informationen zum Krieg auszuwerten.


Ich atme tief durch die Nase ein. Meine Güte. Was bin ich froh, dass es Miele gibt. Nun werde ich mit ganz anderen Augen an unserem heimischen Haushaltsgerätehersteller vorbeifahren. Und eines schreibe ich natürlich noch auf meine Liste: Meine Haushaltsgeräte bekommen zu Weihnachten eine Extra-Portion Entkalker und Pflegemittel. Sie sollen mir ja auch noch 2011 meine „Liebsten“ sein. Denn dann stehen wieder viele Aktionen auf dem Plan, wie etwa der
Bildungsgipfel, der Schulentwicklungsplan… und was mir sonst noch so einfällt, während meine „Freunde“ für mich arbeiten.

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