Freitag, 1. Oktober 2010

Unterschiede – die machen frei


Heute habe ich etwas gekauft, was ich sonst nie kaufe: Den Stern. Die Zeitschrift „Stern“. Die Titelseite war es – da steht in dicken Lettern: Karriere? Das tue ich mir noch nicht an! Warum gut ausgebildete Frauen das Spiel der Männer um Macht und Status nicht mitmachen. Auf dem Foto zu sehen ist eine junge Frau mit weißem Hemd. Ausgabe Nr. 40.

Karriere nein danke

Der Leitartikel war schnell gefunden. Seite 54. Große Bilderserie von den „Fallbeispielen“. Alle vorgestellten Frauen waren schon in leitender Position in größeren Unternehmen oder hätten „Ja“ zu einem solchen Angebot sagen können. Allen gemein ist, die betitelte Absage an die Karriere. Die Gründe sind schnell aufgezählt: Kinder, unflexible Arbeitszeiten, Männerdomaine und Machtspielchen. Nach einer kurzen Zeit des Erduldens folgte das Abnicken und eben der Ausstieg. Nun sind die Damen keine „Nullnummern“ geworden, sondern haben andere Wege gesucht, sich und ihre Talente einzubringen. Der Artikel endet mit der Mutmaßung, das auch die nächste Generation junger Frauen mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben wird, wie ihre Mütter. Resignation?! Auf der letzten Seite gibt es dann auch gleich Botschaften von „Frauen an Frauen“, wie sie sich im Job durchsetzen können. Aber ist das nicht die falsche Antwort auf die offensichtlicheFrage? Nämlich, wie können Frauen auch Frauen bleiben und wie gelingt es, dass sie nicht einfach die „besseren“ Männer sein müssen?

Frauen und Männer unterscheiden sich

Und dabei ist die eigentlich gute Botschaft versteckt: Männer und Frauen unterscheiden sich. Gut so und unbestritten. Darin liegt doch schon die Antwort, dass sich Frauen nicht in den gleichen Parametern vermessen lassen müssen, wie die männlichen Kollegen. Es sind nicht immer die naturwissenschaftlich-mathematischen Kenntnisse ausschlaggebend, die man gerne den „Jungs“ als Vorteil auf die Fahnen geheftet hat. Frauen dürfen gerne auch auf ihre eigenen Kompetenzen setzen: Die liegen etwa im Netzwerken, in der Fähigkeit der Kommunikation, des Zuhörens und der Empathie. Leider Faktoren, die bisher auf keiner Bank der Welt wirklich Zinsen gebracht hätten. Erfolgsmodelle waren eher die Derivate der Männer, schneller, weiter, mehr - ungeachtet vieler Faktoren der Nachhaltigkeit oder der Zufriedenheit oder gar des Glücks.

Neuer Wohlfahrtsindex

Doch es sind genau diese Inhalte, die neuerdings einen Aufwind erleben. Das selbst in der möglichen Neuberechnung des Bruttoinlandproduktes, welches in Testverfahren, dem sogenannten Nationalen Wohlfahrtsindex (NWI) als Gegenrechnung zum Bruttoinlandsprodukt berechnet wird. Hierin enthalten sind immerhin 21 Variablen, die Themenfelder abdecken wie soziale Gerechtigkeit, unbezahlte Arbeit, Umweltschonung und dabei die Wohlfahrtsentwicklung in der Bundesrepublik im Auge haben. Damit werden andere Quellen des Wohlstandes und der Wohlfahrt in unserer Gesellschaft ins rechte Licht gerückt, nämlich die Leistungen sozialer Netzwerke, Leistungen des bürgerschaftlichen Engagements, gerechtere Einkommensverteilungen und so fort. Mit einem Wort, Lebensqualität und Wohlbefinden rücken zunehmend in den Fokus einer immer bewusster werdenden Gesellschaft. Da fallen mir die vielen ehrenamtlichen Damen, Mütter ein, die unser Leben mit unzähligem Kuchenbacken, Zuhören und Anpacken bereichert haben. Gerade in diese Kuschelecke sind ja nun jahrzehntelang die Frauen abgeschoben worden. Wenn diese Kernkompetenzen nun endlich eine eigene Konjunktur erleben und messbar in unserem politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Sein verortet werden, kann das für Frauen nur gut sein. Selbst die Schweiz als Paradeland des Geldverdienens hat diese neuen Parameter des Glücks in ihre Berechnungen aufgenommen. Die britische New Economics Foundation hat ähnliche Vorschläge für England unterbreitet.

Sie sind frei!

Nimmt man diese Aspekte zur Grundlagen, dann sind die Roll-Modells aus dem Stern schon einen ganzen Schritt weiter als der Artikel uns eigentlich sagen will. Immerhin haben sie den Mut aufgebracht, nein zu sagen - und was noch besser ist, sie haben Wege gefunden, den eigenen Neigungen zu folgen und diese einzusetzen. Sie müssen sich nicht mehr den Regeln anderer anpassen. Sie sind eigentlich das, was alle gerne sein wollen: Sie sind frei!








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